Substanzgebrauch!
Wie zwei scheinbar "normale" Genussmittel stille Killer bleiben – und wie du dich selbst wappnest. Zum Thema Alkohol und Nikotin.
💬 Warum ich über Nikotin & Alkohol schreibe
Ein Tropfen ist einer zu viel – Punkt! Ein Zug einer zu viel - Punkt!
Im Medizinstudium als auch im Allgemeinen gehörte Alkohol wie selbstverständlich dazu: Ich selbst konnte beachtliche Mengen trinken und fühlte mich dank Sport und “jungen Alters” unverwundbar. Potentielle Folgen waren auch ehrlicherweise egal. Niemand fragte ernsthaft, ob nicht trinken eine Option sei – der soziale Kitt war zu stark. Und natürlich schmeckt ein Sekt zum Anstoßen gut und ist gesellig. Keine Frage. Aber wenn man sich das ganze aus der gesundheitlichen Perspektive anschaut - ändert sich vieles, wenn nicht alles.
Durch die ärztliche Arbeit verändert sich der Blick. Ich betreute Patient:innen mit schwerer COPD, die über ein Tracheostoma an den Beatmungsschlauch angeschlossen bleiben – teilweise ein Leben lang. Ich sehe Leberzirrhosen, Herzinfarkte, Hirnblutungen nach Alkoholstürzen. Und draußen vor der Klinik holen sich Kolleg:innen nach der Übergabe eine Zigarette - erstmal ein Kippchen vor dem nächsten Einsatz.
Und vielleicht kennst du das - die Raucherpause? Natürlich, steht außer Frage.
Aber ich gehe mal an die frische Luft. Sorry es ist Arbeitszeit.
Es ist und bleibt ein Paradox und es ist so normalisiert, dass alles andere komisch ist.
Warum?
Nikotin und Alkohol kapern unser Belohnungssystem, sie werden zu Ritualen, zur schnellen Stresspille. Doch jeder Zug, jeder Schluck ist ein Tauschgeschäft: Sekunden Dopamin gegen Lebenszeit – und bares Geld: 1 Schachtel/Tag ≈ 2 400 € pro Jahr.
Politisch ändert sich kaum etwas. Tabak- und Alkohollobbys sind mächtig: Steuereinnahmen, Arbeitsplätze, „Kulturgut“. Werbung bleibt bunt, Preise moderat. Verantwortung landet bei uns: Wir müssen uns mental wappnen – Wissen in Handeln verwandeln und den Schalter im Kopf umlegen.
1️⃣ Tradition, Kultur & Stigma
1.1 Deutschland: Bier ist Brotzeit, Rauchen ist „Pause“
Bier = Kulturgut: Reinheitsgebot, Stammtisch, Oktoberfest → soziale Identität
Zigarettenautomaten an jeder Ecke: schnelle Verfügbarkeit rund um die Uhr
Rauchen als Rebellion: Jugendkult seit den 50ern, Marlboro-Mythos
1.2 Stigma-Paradox
Wer nicht trinkt, gilt als Spaßbremse („Warum, bist du schwanger? Hast du ein Problem?“)
Gleichzeitig werden Raucher:innen und Alkoholiker:innen im Krankheitsfall beschämt („Selbst schuld!“).
Dieses „Doppelte Stigma“ blockiert Veränderung:
Scham hält Menschen in der Sucht.
Gesellschaftlicher Druck hält Menschen im Konsum.
1.3 Lobby & Politik
Tabakindustrie setzt jährlich > 10 Mrd. € in Deutschland um.
Alkoholsteuern bringen Bund/Länder > 3,3 Mrd. €/Jahr; Folgekosten über 50 Mrd. €.
Kampagnen für Mindestpreise, plain Packaging oder Werbeverbote stoßen auf heftigen Widerstand.
🩸 Was richten Nikotin & Alkohol an?
Jährliche Tote (D): Rauchen ≈ 127 000 | Alkohol ≈ 74 000
Gesamtkosten: > 150 Mrd. € pro Jahr für Behandlung + Produktivitätsausfälle
Gar nicht ohne. Und obwohl diese Erkenntisse so präsent sind, wird über eine Nikotin oder Rauchverzicht selten ernsthaft gesprochen. Ja - weil Verhaltensänderung langwierig ist und nicht in 2 Stunden durch Tablette etc. “behoben” ist.
3️⃣ Neurobiologie der Sucht – Dopamin-Shortcut
Auslöser (Stress, Kaffee, Feierabend)
Routine (Zigarette, Drink)
Belohnung (Dopamin, Endorphin)
Dopamin-Rückkopplung formt Synapsen: mehr Reiz = mehr Verlangen. Jede Zigarette verstärkt den Pfad. Jeder Drink senkt Hemmschwelle der GABA-Neurone – wir greifen schneller zur Flasche.
Wissen stoppt kein Verlangen; nur gelebte neue Gewohnheiten überschreiben die Synapsen.
„Wir werden süchtig nach der Emotion, nicht nach der Handlung.“ – Dr. Joe Dispenza
Psychologie
Stress-Puffer, Belohnung nach Schicht, Gruppenzugehörigkeit
Kognitive Dissonanz („Ich weiß, es ist ungesund, tue es aber trotzdem“)
Rauchen als Reflex: Feuerzeug, Duft, Hand-zu-Mund-Bewegung laufen unbewusst ab.
🚑 Das Paradox im Gesundheitswesen
20 % der Ärzt:innen rauchen, 10 % trinken riskant ÄB 2020.
Wissen schützt nicht vor Sucht. Stress, Schichtarbeit, Verfügbarkeit und Berufsnorm („wir funktionieren“) halten das Verhalten aufrecht.
Vorbildrolle fehlt: Patient:innen sehen die Zigarette in der Kitteltasche – Glaubwürdigkeit bröckelt.
Mal im Ernst. Ärztliche Kolleg:Innen egal welcher Fachrichtung, die die Folgen behandeln sehen sich selbst nicht in der Patientenrolle. “Mich trifft es nicht.”, “Ich hör rechtzeitig auf.”, “Ich rauche ja auch viel weniger.”, “Ich habe es unter Kontrolle.”
Mehr Selbstillusion geht nicht.
⚖️ DGE & WHO – klare Haltung
DGE: Alkohol ist kein notwendiges Lebensmittel. Wenn überhaupt, maximal 10 g (Frauen) bzw. 20 g (Männer) Reinalkohol/Tag und zwei alkoholfreie Tage/Woche. DGE Position 2020
Für Nikotin existiert keine sichere Grenze. Gesundheitlich optimal = 0 g. WHO 2023
🧠 Vom Verlangen zur Freiheit – so ersetzt du Dopamin
🩺 Hilfen & Strategien – aber erst der „Mind-Switch“
Entscheidung & Identität: „Ich bin Nichtraucher:in / alkoholfrei.“
Trigger erkennen: Protokoll 72 h – Uhrzeit, Gefühl, Situation.
Ersatzroutine: Atem, Wasser, Bewegung, Humor.
Pharmakologische Stützen:
Rauchen: Nikotin-Ersatz-Therapie, Vareniclin, Bupropion.
Alkohol: Naltrexon, Acamprosat, ggf. stationärer Entzug.
Verhaltenstherapie & Apps: SmokeFree, I Quit, Try Dry.
Buddy & Community: Selbsthilfegruppen, Coaching, Freundeskreis.
Belohnungssystem umbauen: Geld sparen, Zeit gewinnen, Ziele feiern.
Medikamente sind Tools – Erfolg beginnt im Kopf.
🧠 Mentalität & Selbst-Ehrlichkeit
Wir leben in einer Ära der Performance-Supplements: Creatin fürs Gym, Ashwagandha gegen Stress, NAD-Kapseln für „Longevity“. Viele investieren hunderte € in Pulver und Pillen – zünden aber gleichzeitig 20 Zigaretten am Tag oder brauchen zwei Feierabendbier, „um runterzukommen“.
Gesundheit ist keine Addition von Biohacks, sondern das Weglassen der Gifte.
Das größte Hindernis ist selten Wissen, sondern die innere Stimme, die flüstert: „Ich kann nicht.“
„Ich kann nicht aufhören zu rauchen …“ – heißt oft: „Es ist mir nicht wichtig genug.“
„Ich brauche das Bier zum Runterkommen …“ – heißt: „Ich kenne keine andere Methode, mich zu regulieren.“
Selbst-Sabotage endet, wenn wir sie klar benennen. Hör auf, dich zu verscheißen (wie mein alter Oberarzt es nannte): Rede ehrlich mit dir, erkenne Ausreden und ersetze sie durch konkrete Schritte.
Rechenschaft statt Ausrede – „Accountability Partner“
James Clear beschreibt in Atomic Habits eine einfache, aber mächtige Technik:
Suche dir einen Menschen (Freundin, Kollegin, Coach), dem du dein Ziel laut sagst.
Vereinbart eine Rechenschafts-Regel: Täglicher Check-In, kurze Sprachnachricht „Rauchfrei Tag 3 – Craving 5/10“.
Verknüpft eine emotionale Komponente: Wer sein Commitment bricht, zahlt 20 € an eine wohltätige Organisation, muss 50 Push-ups filmen oder schreibt dem Buddy drei Gründe, warum er/sie wieder starten will.
Verbindlichkeit + Emotion = Verhaltenshebel.
Im Spitzensport arbeitet fast jede*r Profi mit Accountability: Trainer, Buddy, Sportpsychologe. Sie optimieren Schlaf, Ernährung, Regeneration – und verzichten konsequent auf Nikotin, weil jeder Zug die VO₂max senkt.
Warum sollten wir – deren Herz, Lunge, Leber genauso wertvoll sind – geringere Standards haben?
🛠️ Impact Insights – 7 Schritte raus aus der Sucht
72-h Trigger-Tagebuch – wann, warum, wie viel?
Kaltstart-Woche – 0 Rauch / 0 Alkohol, Körper spüren.
SOS-Ritual – Craving? 4-7-8-Atmung + Glas Wasser + 10 Squats.
Buddy-Ping – kurze Nachricht „Craving 8/10“ → Rückruf.
Sparglas – ersparte Euros sichtbar sammeln.
Belohnung planen – Tag 30 Wellness / City-Trip (rauch- & alkfrei).
Rückfall = Datenpunkt – analysieren, nicht verurteilen.
✅ SMART‑Zielsetzung
🧾 Fazit
Nikotin & Alkohol sind gesellschaftlich akzeptierte Gifte. Die Politik zögert, weil Lobby & Steuereinnahmen stark sind. Deshalb brauchen wir individuelle Verantwortung: Jeder Zug, jeder Schluck ist eine Entscheidung gegen Lebenszeit, Geld und Lebensqualität.
Fang heute an: eine Zigarette weniger, ein Glas Wasser statt Bier. Dein Körper dankt es dir sofort.
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Denn: Verstehen verändert Leben.
Dr. med. Schahab Moaeri